Daniela Wolf im Experteninterview zum Thema: PMDS/Menstruationsstörung

PMDS ist eine besonders schwere Form von Menstruationsstörungen, die sich in der zweiten Zyklushälfte neben körperlichen Beschwerden mit intensiver Reizbarkeit, Depression und Angstzuständen manifestieren kann. Diese Symptome können so stark ausgeprägt sein, dass sie das berufliche und private Leben der Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Obwohl Schätzungen zufolge rund drei bis acht Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter von PMDS betroffen sind, ist die Störung im deutschsprachigen Raum noch weitgehend unbekannt und wird häufig falsch eingeschätzt.

D. Wolf: Ich war bereits seit 2 Jahren als Familienbloggerin tätig und immer bestrebt auch über Tabu-Themen zu sprechen und die Diagnose PMDS gab es in meinem Umfeld überhaupt nicht. Damit an die Öffentlichkeit zu gehen, war ein großer Schritt, aber ein sehr guter. Ich fand unglaublich viele andere Betroffene, denen es genauso ging wie mir, und wir starteten eine langsame kleine Welle, die jetzt 8 Jahre später eine starke Community hervorgebracht hat.

D. Wolf: Meine eigene Betroffenheit hat einen großen Anteil daran, dass ich überhaupt mit den Beratungen angefangen habe. Ich bin davon überzeugt, dass ich die Herausforderungen von PMDS-Betroffenen deutlich mehr nachempfinden kann, da ich selbst an und unter der Erkrankung leide. Meine Klient:innen spiegeln mir das auch zurück, dass sie nichts zurückhalten müssen und da jemand gegenüber sitzt, die genau weiss, wovon man spricht.

D. Wolf: Der größte Irrtum ist nach wie vor, dass PMDS und PMS als gleiches Krankheitsbild gesehen werden, obwohl die Unterschiede kaum größer sein könnten. Dass PMDS durch einen Progesteronmangel ausgelöst wird, hält sich hartnäckig und macht viel Aufklärungsarbeit notwendig. Ganz besonders, da auch Fachmenschen dieses falsche Wissen weitergeben. Dass PMDS eine psychische Erkrankung sein soll, macht vielen Betroffenen das Leben sehr schwer, da ihre Symptomatik immer leichtfertig abgetan wird. Die Leidenswege, die wir als Betroffene gehen müssen, wären viel kürzer, wenn Fachmenschen uns zuhören und wir in einem ganzheitlichen Gesundheitssystem leben würden.

D. Wolf: EMDR spielt in meinem Leben und auch in den Beratungen eine große Rolle, da es für das Pausen- und Stressmanagement eingesetzt werden kann und eben auch eine ganz andere Haltung zu Menschen mit sich bringt. EMDR ist ein unglaubliches Tool, das sehr vielen Menschen geholfen hat. EMDR im Coaching ist anders, aber nicht weniger hilfreich. Ich kann meinen Klient:innen viele Übungen aus dem EMDR an die Hand geben, die sie selbst einsetzen können. Hilfe zur Selbsthilfe ist mein Credo, denn Beratungen sind das eine, mit der Erkrankung im Alltag zu leben, aber etwas völlig anderes. Ich möchte, dass Betroffene selbstwirksam leben können und die Kontrolle über ihr Leben zurückerhalten.

D. Wolf: Dieses Buch zu schreiben war für mich eine Art Selbsttherapie. Außerdem hätte ich mir selbst so ein Buch gewünscht, denn mit dieser Erkrankung fühlt man sich oft sehr allein. Der wichtigste Aspekt, neben den wissenschaftlichen Informationen, war für mich, die Erkrankung nahbar zu zeigen. Viele Betroffene kommen in meinem Buch zu Wort und erzählen ihre Geschichte und das schafft Nähe und Verbindung.

D. Wolf: Jede Beratung ist individuell auf die Klient:innen abgestimmt, denn jede Betroffene hat andere und doch ähnliche Herausforderungen. Wissenschaft ist immer in Bewegung und auch meine eigene Erfahrung und die vieler Klient:innen entwickelt sich immer weiter. Mir geht es vor allem um Wissensvermittlung und Da sein, denn Wissen bedeutet Kraft und Kontrolle und für jemanden da zu sein, der den verletzlichen Weg zu einer Beratung geht, ist eine Win-Win-Situation für beide. Auf dem neuesten Stand zu sein ist mir ein großes Anliegen, um die Betroffenen gut zu betreuen.

D. Wolf: Als Betroffene von PMDS ist Selbstfürsorge ein riesiger Aspekt. Dazu gehören Alltagsstrategien, die man akut einsetzen kann, aber auch Themen, die langfristig einiges verändern können. Wenn man sich in einer akuten PMDS-Phase befindet, z.B. Impulsivität und Gereiztheit als Leitsymptom hat, können Atmungstechniken wie die 5-5-5 Methode helfen. Einatmen und bis 5 zählen, Luft anhalten und bis 5 zählen und Ausatmen und bis 5 zählen. Oder aber die 3-3-3 Methode. 3 Dinge ansehen, die in der Umgebung sind, dann 3 verschiedene Dinge anfassen und zuletzt 3 verschiedene Gerüche wahrnehmen. “Fliegen” ist auch eine schöne Methode, um das Nervensystem zu regulieren und Glückshormone anzukurbeln. Hierbei macht man mit den ausgestreckten Armen Flugbewegungen. Also die Arme hoch und runter bewegen und die Augen dabei schließen. Das klingt alles sehr simpel, aber bewirkt unglaublich viel.

D. Wolf: Einige PMDS-Betroffene inklusive mir haben einen 2. PMDS Verein gegründet, der bereits als gemeinnützig eingetragen ist. Der PMDS Hilfe e.V. bietet allen Betroffenen eine Anlaufstelle und mehr Sichtbarkeit. Durch die Gemeinnützigkeit können wir als juristische Person auftreten und somit eventuell auch in größerem Rahmen in der D-A-C-H- Region etwas bewirken. Ich wirke in vielen Master-Arbeiten, Podcasts und Interviews mit, um die PMDS sichtbarer zu machen. Auch Gespräche mit Fachmenschen zwecks gemeinsamen Arbeitens sind in Gange. Anderen Betroffenen zu helfen wird immer einen sehr großen Teil in meinem Leben einnehmen, aber was ich in 5 Jahren mache, kann ich Ihnen nicht sagen, da ich versuche, im Hier und Jetzt zu leben.

Daniela Wolf im Experteninterview zum Thema: PMDS/Menstruationsstörung

Daniela Wolf

Daniela Wolf zählte zu den Ersten in Deutschland, die über PMDS – Prämenstruelle Dysphorische Störung – berichteten. Als selbst Betroffene bringt die PMDS-Mentorin und Expertin ihre persönlichen Erfahrungen und fundierten Kenntnisse in ihre Mentoring-Praxis ein, berät und begleitet Betroffene rund um die Erkrankung und wichtige Lebensthemen.