Linderung von Menstruationsbeschwerden: Was moderne Gynäkologie leisten kann
Bei der modernen Behandlung von Menstruationsbeschwerden und PMS ist die individuelle Symptomatik das A und O. Zu Beginn der Therapie steht eine Reflektion und Anpassung des Lifestyles im Fokus. Je nach Situation gehören Phytoextrakte, Nahrungsergänzungsmittel, alternative Heilmethoden und Schmerzmittel zu den weiteren Therapieansätzen von PMS und Menstruationsbeschwerden.
Prof. Dr. Mangler: Ein entscheidender erster Schritt ist, dass wir uns intensiv mit den menstruierenden Personen auseinandersetzen und genau erfragen, welche Beschwerden auftreten. Dabei ist es wichtig, die individuellen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Zyklus zu verstehen.
Es gibt eine große Bandbreite: Etwa 30 Prozent der Betroffenen haben überhaupt keine Probleme, 30 Prozent empfinden moderate Beschwerden und weitere 30 Prozent leiden unter schwerwiegenden Symptomen. Deshalb ist ein ausführliches Gespräch essenziell. Wir geben den Patientinnen Raum, ihre Beschwerden umfassend darzustellen und untersuchen genau, wie stark Schmerzen oder andere Probleme ausgeprägt sind.
Um dies greifbar zu machen, nutzen wir oft eine Schmerzskala von 1 bis 10. So lässt sich besser einordnen, wie intensiv der Schmerz tatsächlich ist. Wenn jemand beispielsweise sagt, ihr schlimmster Schmerz liege bei 9 von 10, können wir das in den Kontext setzen. Manchmal stellt sich dabei auch heraus, dass die empfundene Intensität subjektiv weniger gravierend ist, etwa wenn die Schmerzen bei 1 oder 2 eingestuft werden.
Ziel ist es, eine Übertherapie zu vermeiden. Der Zyklus ist ein natürlicher, physiologischer Prozess und ich lege großen Wert darauf, diesen nicht unnötig zu pathologisieren. Stattdessen arbeiten wir daran, die Beschwerden so objektiv wie möglich abzubilden, um die richtige Balance zwischen Unterstützung und Zurückhaltung zu finden.
Prof. Dr. Mangler: In der Behandlung von PMS und Menstruationsbeschwerden arbeiten wir oft in einem Stufensystem. Das bedeutet, dass wir nicht direkt mit starken Schmerzmitteln beginnen, sondern zunächst grundlegende Lebensstilfaktoren betrachten.
Ein erster Ansatzpunkt ist die sogenannte Lifestyle-Beratung. Hier schauen wir uns gemeinsam Aspekte wie Ernährung, Bewegung, Schlaf und auch den Alkoholkonsum an. Eine entzündungsarme Ernährung, regelmäßige Bewegung und ausreichend Schlaf können bereits viel zur Linderung beitragen. Tatsächlich wirkt Sport oft wie ein starkes Medikament gegen Beschwerden. Diese Veränderungen vermitteln den Betroffenen auch, dass sie selbst viel tun können, um ihre Situation zu verbessern – sie sind ihren Beschwerden nicht hilflos ausgeliefert.
Ein weiteres Thema ist die Sensibilität von Frauen in der zweiten Zyklushälfte. Sie reagieren oft empfindlicher auf äußere Einflüsse wie Schlafmangel, unregelmäßige Mahlzeiten oder Stress. Hier können regelmäßige Mahlzeiten und ein geregelter Schlafrhythmus helfen, Beschwerden zu reduzieren.
Wenn diese Ansätze nicht ausreichen, gibt es die Möglichkeit, pflanzliche Mittel auszuprobieren. Dazu zählen beispielsweise Mönchspfeffer, Kamille oder Schafgarbe. Auch Kräutertees oder alternative Methoden wie Akupunktur können Linderung bringen. Hier ist es wichtig, individuell zu experimentieren, um herauszufinden, was am besten hilft – sei es bei Schlafproblemen, Stimmungsschwankungen oder Schmerzen.
In schwereren Fällen setzen wir medikamentöse Ansätze ein, beispielsweise Schmerzmittel, krampflösende Medikamente oder bei Bedarf Antidepressiva, wenn depressive Symptome eine Rolle spielen. So können wir gezielt und abgestimmt auf die jeweiligen Beschwerden reagieren.
Prof. Dr. Mangler: Nahrungsergänzungsmittel und Mikronährstoffe können eine unterstützende Rolle bei der Behandlung von Menstruationsbeschwerden spielen, doch die Forschung auf diesem Gebiet ist noch nicht ausreichend. Es gibt jedoch einige Nährstoffe, bei denen eine gewisse Evidenz für ihre Wirksamkeit vorliegt.
Eine ausgewogene Ernährung, die reich an Vitaminen, Elektrolyten und Proteinen ist, kann bereits viel bewirken. Allerdings ist es in unserer heutigen Gesellschaft nicht immer einfach, alle nötigen Mikronährstoffe allein durch die Nahrung aufzunehmen. Hier können Nahrungsergänzungsmittel helfen.
Besonders wichtig ist Vitamin D, vor allem in den Wintermonaten, da unser Körper in dieser Zeit weniger davon bilden kann. Ein ausreichender Vitamin-D-Spiegel ist essentiell für das allgemeine Wohlbefinden und sollte regelmäßig überprüft und gegebenenfalls ergänzt werden.
Ein weiterer wichtiger Nährstoff ist Kalzium, das nicht nur für die Knochengesundheit wichtig ist, sondern auch das psychische Wohlbefinden unterstützen kann. Allerdings sollte darauf geachtet werden, Kalzium nicht in übermäßigen Mengen einzunehmen, um eine mögliche Gefäßverkalkung zu vermeiden.
Zink kann eine positive Wirkung auf die Stimmung haben und dazu beitragen, die Symptome des prämenstruellen Syndroms (PMS) zu lindern. Auch Magnesium und Vitamin B6 gelten als bewährte Mikronährstoffe, die bei Menstruationsbeschwerden hilfreich sein können.
Ein hilfreicher Ansatz ist zudem die Nutzung von Menstruations-Apps, um Zusammenhänge zwischen Beschwerden und möglichen Nährstoffmängeln zu erkennen. So können Betroffene experimentieren, welche Ergänzungen für sie persönlich die besten Ergebnisse liefern.
Wichtig ist jedoch, dass solche Maßnahmen individuell angepasst werden. Nicht jede Blutuntersuchung liefert sofort Hinweise auf Nährstoffmängel und oft kann schon eine gezielte Ernährungsumstellung deutliche Verbesserungen bewirken.
Prof. Dr. Mangler: Umweltfaktoren wie Ernährung, Stress und Lebensstil haben einen erheblichen Einfluss auf das Auftreten und die Intensität von PMS-Symptomen. Besonders in der zweiten Zyklushälfte, die viele als herausfordernd erleben, können bewusste Anpassungen im Alltag die Beschwerden deutlich lindern.
Ein erster Ansatz ist, die eigene Wahrnehmung zu ändern. Wenn Sie wissen, dass Sie in der zweiten Zyklushälfte häufiger schlechte Laune haben oder emotionaler reagieren, können Sie versuchen, diese Zeit auch positiv zu nutzen. Manche Menschen empfinden sich in dieser Phase als direkter oder bestimmter, was sich etwa in klärenden Gesprächen oder bei fordernden Aufgaben einsetzen lässt. Leistungssportlerinnen beispielsweise passen ihr Training an den Zyklus an, um in bestimmten Phasen stärker und fokussierter zu sein.
Für den Alltag bedeutet das, den eigenen Lebensstil gezielt auf diese Phase abzustimmen. Besonders wichtig sind:
- Schlaf: Ausreichend und erholsam.
- Ernährung: Regelmäßige Mahlzeiten, um Heißhungerattacken und Unterzuckerung zu vermeiden.
- Bewegung: Spaziergänge oder Sport, die Stress abbauen und das Wohlbefinden fördern.
- Soziale Kontakte: Zeit mit Freunden oder Familie, die Unterstützung und positive Energie geben.
- Verzicht auf Alkohol: Besonders in der zweiten Zyklushälfte, da dieser Symptome verstärken kann.
Darüber hinaus hilft eine gute Planung. Wer im Voraus weiß, dass Heißhunger oder Stimmungsschwankungen auftreten könnten, kann präventiv handeln, z. B. gesunde Snacks bereithalten oder bewusst Entspannungsphasen einplanen.
Für Frauen, die besonders stark betroffen sind, empfehle ich eine Rücksprache mit der Gynäkologin oder dem Gynäkologen. Oft hilft ein Fragebogen, um einzuschätzen, wie stark die Symptome sind. Wenn es sich um prämenstruelle dysphorische Störung (PMDS) handelt, die mit depressiven Verstimmungen oder sogar selbstverletzenden Gedanken einhergehen kann, ist dies ein medizinisches Problem, das gezielte therapeutische Maßnahmen erfordert.
Wichtig ist auch das Framing: PMS ist kein medizinisches Problem, sondern ein Hinweis des Körpers, besser auf die eigene Gesundheit zu achten und den Zyklus bewusst in den Alltag zu integrieren. Wenn wir das annehmen, können wir unsere Lebensqualität deutlich steigern.
Prof. Dr. Mangler: Eine frühzeitige Diagnose von PMS oder hormonellen Ungleichgewichten kann entscheidend dazu beitragen, langfristige Beschwerden zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern. Der erste Schritt ist jedoch, den eigenen Alltag kritisch zu betrachten und gegebenenfalls Veränderungen vorzunehmen.
Wenn jemand über drei Monate hinweg versucht hat, ein stabiles und gesundes Leben zu führen – mit ausreichend Schlaf, einer ausgewogenen Ernährung und Verzicht auf Alkohol – und die Lebensqualität dennoch nicht besser wird, sollte dies als Hinweis gewertet werden, die Beschwerden genauer abklären zu lassen. Wichtig ist dabei, dass die Einschränkungen tatsächlich von der betroffenen Person selbst als belastend empfunden und nicht durch äußere Einflüsse oder Fremdwahrnehmungen suggeriert werden.
Klarheit entsteht, wenn man sich ehrlich fragt: Fühle ich mich schlecht? Ist meine Lebensqualität tatsächlich eingeschränkt, trotz bewusster Maßnahmen? Wenn diese Fragen mit „Ja“ beantwortet werden und bisherige Ansätze keine Linderung gebracht haben, ist es sinnvoll, ärztlichen Rat einzuholen.
Eine Beratung mit einer Gynäkologin oder einem Gynäkologen, auch telemedizinisch, kann in solchen Fällen sehr hilfreich sein. Die sogenannte „sprechende Medizin“ – das ausführliche Gespräch – spielt eine zentrale Rolle. Hier können Zyklusveränderungen, die Intensität der Beschwerden und mögliche Ursachen besprochen werden.
Einige Anzeichen, die auf PMS oder hormonelle Ungleichgewichte hindeuten und ärztlich abgeklärt werden sollten, sind:
- Starke Stimmungsschwankungen, die die persönliche und soziale Lebensqualität beeinträchtigen.
- Anhaltende Müdigkeit oder Erschöpfung in der Zyklusphase.
- Körperliche Symptome wie starke Schmerzen, Krämpfe, Wassereinlagerungen oder Brustspannen.
- Gefühl der Hilflosigkeit oder depressive Verstimmungen, die nicht besser werden.
Die frühzeitige Klärung kann nicht nur dazu beitragen, geeignete Maßnahmen zu finden, sondern auch verhindern, dass sich Symptome chronisch manifestieren oder in schwere Erkrankungen wie die prämenstruelle dysphorische Störung (PMDS) entwickeln. Eine offene Kommunikation und ein strukturierter Austausch mit einer Fachperson sind hier der Schlüssel.