Glutenunverträglichkeit (Zöliakie): Symptome erkennen und behandeln
Zöliakie, auch als Glutenunverträglichkeit bekannt, bezeichnet eine Unverträglichkeitsreaktion gegenüber dem Getreideeiweiß Gluten. In der Folge kommt es zu einer Entzündung der Darmschleimhaut, die unterschiedliche Beschwerden hervorruft. Neben Magen-Darm-Beschwerden (z.B. Blähungen und Durchfall) können auch unspezifische Symptome wie Müdigkeit, Hautausschläge, Schmerzen des Bewegungsapparates oder Depressionen auftreten. Die einzige langfristige Therapiemöglichkeit besteht in dem Verzicht glutenhaltiger Lebensmittel, damit die Entzündung im Darm abklingen kann. Was genau bei einer Zöliakie im Körper passiert und wie Sie am besten mit der Erkrankung umgehen, erfahren Sie hier in unserem Ratgeber.
Die Bezeichnung Glutenunverträglichkeit dient meist als Oberbegriff für sämtliche Unverträglichkeitsreaktionen, die im Zusammenhang mit Gluten auftreten können:
- Zöliakie,
- Glutensensitivität,
- Nicht-Zöliakie-Nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität,
- Gluten-sensitive Enteropathie,
- einheimische Sprue
- und Weizenallergie.
Die Beschwerden sind sich recht ähnlich und sie treten typischerweise nach dem Genuss glutenhaltiger Lebensmittel auf. Etwa 0,5 – 1 % der Menschen in Deutschland sind von Zöliakie betroffen1, wobei bei einem Großteil der Betroffenen die Diagnose gar nicht bekannt ist.
Bei ihnen führt der Verzehr von glutenhaltigen Lebensmitteln zu einer chronischen Entzündung der Dünndarmschleimhaut, die unbehandelt schwerwiegende gesundheitliche Folgen mit sich bringen kann. Da sich die auftretenden Beschwerden nicht nur auf den Darm beschränken, wird die Zöliakie eher als Erkrankung des gesamten Körpers, also als systemische Erkrankung angesehen.
Im Folgenden können Sie nachlesen:
- was im Körper passiert, wenn die Verarbeitung von Gluten gestört ist,
- welche unterschiedlichen Symptome auftreten können,
- welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt,
- was die möglichen Ursachen einer Glutenunverträglichkeit sind
- und wie eine Zöliakie festgestellt werden kann.
Was ist Gluten und welche Funktionen erfüllt es?
Gluten setzt sich aus verschiedenen Eiweißen zusammen und ist Bestandteil vieler Getreidesorten wie Weizen, Dinkel, Hafer, Grünkern, Gerste und Roggen. Es ist auch als „Klebereiweiß“ bekannt und maßgeblich für die Backeigenschaften der Getreidesorten verantwortlich. Wird das Getreide zu Mehl verarbeitet und mit Wasser gemischt, entsteht dank der beiden Glutenbestandteile Gliadin und Glutenin eine typisch zähe Masse.
Überreaktion auf einen harmlosen Stoff: Das passiert, wenn die Verarbeitung von Gluten im Körper gestört ist
Bei Zöliakie handelt es sich um eine entzündliche Darmerkrankung, die auf einer Unverträglichkeit gegenüber dem Getreideeiweiß, also einem eigentlich ganz harmlosen Stoff, beruht. Die körpereigene Abwehr reagiert auf die aufgenommenen Glutenbestandteile irrtümlicherweise wie auf Bakterien oder feindliche Eindringlinge, ganz ähnlich wie bei einer allergischen Reaktion.
Damit unterscheidet sich die Glutenunverträglichkeit klar von anderen Unverträglichkeiten wie etwa der Laktoseintoleranz, die durch einen Enzymmangel hervorgerufen wird.
Zusätzlich richtet sich das Immunsystem ebenfalls gegen körpereigene Eiweiße in der Dünndarmschleimhaut, an welche das Gluten bindet. In der Folge kommt es zu einer Entzündung der Schleimhaut im Dünndarm. Durch diese entzündlichen Prozesse verkümmern die Zotten der Dünndarmschleimhaut, die für die Aufnahme der Nährstoffe zuständig sind. Die Innenfläche des Darms nimmt auf diese Weise ab, weil die Schleimhaut verflacht, wodurch ein Großteil der über die Nahrung aufgenommenen Nährstoffe nicht verwertet wird und ungenutzt verloren geht.
Obwohl der entzündliche Prozess ausschließlich die Darmschleimhaut betrifft, leiden Betroffene oftmals nicht nur an Beschwerden, die das Magen-Darm-System betreffen.
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Welche Symptome können bei einer Glutenunverträglichkeit auftreten?
Eine Glutenunverträglichkeit kann sich in unterschiedlichen Beschwerden äußern und tritt häufig recht uncharakteristisch auf:
- Bauchschmerzen
- Blähungen
- Durchfall
- Verstopfung
- Völlegefühl
- Übelkeit, Erbrechen
- Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Kopfschmerzen
- Schmerzen des Bewegungsapparates
- Hautausschläge
- Angst, Depressionen
Manche Menschen leiden sehr stark unter den Symptomen, sobald sie auch nur ein bisschen Gluten zu sich nehmen, andere Menschen hingegen vertragen bestimmte Mengen an Gluten gut und reagieren nur mit leichten Beschwerden.
Ein häufiges Merkmal sind Verdauungsbeschwerden
Durch die entzündlichen Veränderungen im Darm treten besonders häufig Beschwerden des Verdauungssystems auf.
Dazu gehören:
- Bauchschmerzen,
- Völlegefühl,
- Durchfall,
- Blähungen,
- fettige Stühle,
- aber auch Verstopfung.
Atypische Beschwerden sind vielseitig und kaum spezifizierbar
Neben den typischen Beschwerden gehören allerdings auch eine Vielzahl von atypischen Beschwerden zu den Symptomen, die oftmals gar nicht mit einer Glutenunverträglichkeit in Verbindung gebracht werden, zum Beispiel:
- Hautveränderungen: z.B. Ausschläge und Entzündungen,
- wiederkehrende Aphten im Mund,
- Knochenschmerzen,
- Gelenkbeschwerden,
- Schmerzen des Bewegungsapparates,
- Depressionen, Ängste,
- Kopfschmerzen,
- anhaltende Müdigkeit,
- Appetitlosigkeit.
So äußert sich Zöliakie bei Kindern
Die klassische Form der Zöliakie zeigt sich oft bereits im ersten Lebensjahr oder im Kleinkindalter. Neben den typischen Verdauungsbeschwerden wie Blähungen, chronischen Durchfällen oder übelriechenden und durch die gestörte Fettverdauung glänzenden Stühlen, können auch Gewichtsverlust, ein aufgetriebener Bauch, Wachstumsstörungen, Mangelerscheinungen sowie Wesens- und Verhaltensänderungen auftreten.
Die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten bei Glutenunverträglichkeit
Bei einer tatsächlichen Zöliakie besteht die einzige wirklich erfolgversprechende Therapie darin, auf glutenhaltige Lebensmittel zu verzichten. Dafür ist eine strikte Ernährungsumstellung nötig. Glücklicherweise hat das Angebot an glutenfreien Produkten in den letzten Jahren stark zugenommen.
Meiden Sie glutenhaltige Produkte oder steigen Sie auf Ersatzprodukte um
Für Betroffene bedeutet eine Glutenunverträglichkeit konkret, dass sie auf alle üblichen Backwaren, Nudeln und Brotsorten verzichten müssen. Als Ersatz stehen verschiedene glutenfreie Produkte zur Verfügung sowie Mehle aus anderen Getreidearten, die kein Gluten enthalten, wie zum Beispiel Buchweizen, Reis oder Mais.
Bei circa zwei Drittel der Betroffenen bessern sich die Beschwerden durch einen Verzicht auf glutenfreie Kost in etwa zwei Wochen. Bis sich die entzündlichen Veränderungen der Darmschleimhaut zurückbilden, kann es allerdings einige Monate dauern. Die lebenslange glutenfreie Ernährung ist wichtig für eine anhaltende Regenerierung der Dünndarmschleimhaut und zur Vorbeugung weiterer Erkrankungen wie zum Beispiel Diabetes.
Gleichen Sie durch Zöliakie bedingte Mangelerscheinungen aus
Je nachdem wie stark die Schleimhaut des Dünndarms geschädigt ist, kann es zu einer starken Beeinträchtigung bei der Nährstoffaufnahme kommen. Vor allem, wenn die Erkrankung lange unentdeckt bleibt, können Mangelerscheinungen auftreten (z.B. Eisenmangel). Damit es nicht zu Entwicklungsstörungen oder weiteren Erkrankungen kommt, ist es wichtig, auf glutenhaltige Lebensmittel zu verzichten und den Nährstoffmangel mit geeigneten Nahrungsergänzungsmittel auszugleichen.
Kann man mit Enzym Kapseln Gluten weiterhin in Maßen genießen?
Grundsätzlich verfügt der menschliche Darm über kein Enzym, das Gluten so weit abbauen kann, dass es für Menschen mit Glutenunverträglichkeit unschädlich ist. Mithilfe von Enzympräparaten soll das Gluten deshalb so weit abgebaut werden, dass es im Dünndarm bereits aufgespalten ist und dadurch keine immunologische Reaktion ausgelöst wird. Hierfür wird zum Beispiel das Enzym Prolyloligopeptidase eingesetzt, das aus einem Pilz gewonnen wird.
Soweit zumindest die Idee, denn bisher ist noch nicht ausreichend untersucht, inwieweit das Enzym tatsächlich wirksam ist. Die Wirkstärke kann außerdem individuell stark variieren und hängt auch von der aufgenommenen Glutenmenge ab. Es handelt sich also keinesfalls um ein Präparat, das den Verzehr von glutenhaltigen Lebensmitteln bedenkenlos möglich macht und lässt sich nicht mit der Einnahme von Laktasetabletten bei Laktoseintoleranz gleichsetzen.
Glutenunverträglichkeit bei Babys und Kleinkindern behandeln
Bei Verdacht auf Zöliakie bei Ihrem Baby oder Kleinkind sollten Sie unbedingt einen Arzt aufsuchen und einen Bluttest durchführen lassen, damit es nicht zu Schäden durch einen Nährstoffmangel kommt. Liegt wirklich eine Glutenunverträglichkeit vor, ist die einzige wirksame Therapiemöglichkeit der vollständige und lebenslange Verzicht auf glutenhaltige Lebensmittel.
Ernährungstipps bei einer Glutenunverträglichkeit
Auf diese Getreide und Lebensmittel sollten sie bei Glutenunverträglichkeit grundsätzlich verzichten:
- Weizen, Dinkel, Gersten und Roggen sowie die daraus gewonnenen Mehlsorten
- Weizenkleie, Dinkelkleie
- Urkornsorten wie Kamut, Emmer und Einkorn
- Bulgur und Couscous
- Grünkern, Ebly und Perlgraupen (Gerste)
- Nudeln
- Malzprodukte (z.B. Ovomaltine, Malzkaffee und Bier)
- Seitan
- Kekse und Gebäck
Zudem werden sortenreine Haferflocken von glutenintoleranten Menschen meist gut vertragen, wenn sie keine Spuren von Gluten anderer Getreidesorten aus dem Herstellungsprozess aufweisen.
Einige Menschen, die an Zöliakie leiden, können im Akutstadium Fett und Milchzucker nicht so gut verdauen und können deshalb zusätzlich Probleme wie Durchfall oder Blähungen bekommen. In der Regel besteht diese Unverträglichkeit gegenüber Milchzucker jedoch nur vorübergehend.
Achten Sie außerdem darauf, die Glutenbelastung im Haushalt so gering wie möglich zu halten, indem Sie glutenhaltige und glutenfreie Lebensmittel getrennt voneinander lagern und Arbeitsgeräte, Flächen etc. stets sauber halten, um Glutenrückstände zu reduzieren.
Die unterschiedlichen Arten einer Glutenunverträglichkeit
Folgende Formen der Zöliakie werden unterschieden:
Allergie oder Autoimmunkrankheit?
Bei einer Allergie richtet sich das Immunsystem mit einer Abwehrreaktion gegen eigentlich harmlose Stoffe, wie zum Beispiel die Eiweiße in Getreide.
Eine Autoimmunerkrankung ist ein chronisch-entzündlicher Prozess, bei dem sich das Immunsystem gegen gesundes, körpereigenes Gewebe richtet, weil es dieses als fremd einstuft.
Eine Glutenunverträglichkeit weist damit sowohl Elemente einer Allergie, als auch einer Autoimmunkrankheit auf. Das Immunsystem richtet sich gegen das Gluten als körperfremden Stoff – wie bei einer Allergie sowie ebenfalls gegen körpereigene Eiweiße in der Dünndarmschleimhaut. Es bilden sich sogenannte IgA-Antikörper (Immunglobulin A) gegen Gewebetransglutaminase (ein Enzym, das unter anderem im Darm vorkommt), beziehungsweise gegen Endomysium, eine Bindegewebsschicht, die einzelne Muskelfasern umgibt.
Ausgelöst wird die Immunreaktion gegen körpereigene Stoffe durch die Glutenbestandteile, die mit der Nahrung aufgenommen werden. Bestimmte Immunzellen, die T-Lymphozyten, welche auf Gluten spezialisiert sind, vermitteln daraufhin Entzündungsreaktionen im Dünndarm.
So kann eine Glutenunverträglichkeit festgestellt werden
Ärzte und Fachleute warnen immer wieder vor einem Vermeiden glutenhaltiger Lebensmittel ohne gesicherte Diagnose. Eine solche Diagnose kann mithilfe spezieller Tests gestellt werden. Dazu gehört eine Blutuntersuchung sowie bei Bedarf eine Dünndarmbiopsie oder ein Gentest. Da fast nur Menschen mit den Risiko-Genen HLA-DQ2 und HLA-DQ8 erkranken, kann bei negativem Testergebnis des Gentests eine Zöliakie weitgehend ausgeschlossen werden.
Mögliche Ursachen einer Unverträglichkeit auf Gluten
Für die Entstehung einer Glutenunverträglichkeit können verschiedene Faktoren eine Rolle spielen. Die komplexen Zusammenhänge sind bisher noch nicht vollständig geklärt. Vor allem die genetische Veranlagung scheint ausschlaggebend zu sein, aber auch das Immunsystem, die Ernährungsweise und Umweltfaktoren scheinen einen Einfluss auf die Entwicklung der Krankheit zu haben.
Möglicherweise können zum Beispiel Darminfektionen oder die Einnahme von Medikamenten die Krankheitsentwicklung begünstigen. Auch Infektionen mit dem Pilz Candida albicans, Stress oder hoher Alkoholkonsum könnten mit hineinspielen und die Entstehung einer Zöliakie fördern.
Erblich bedingte Ursachen
Häufig entwickelt sich die Glutenunverträglichkeit aufgrund einer erblichen Veranlagung, die bei etwa 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung vorkommt und das Risiko an Zöliakie zu erkranken um das Dreifache erhöht.2 Bei den Betroffenen ist ein bestimmtes Oberflächenmerkmal auf Immunzellen zu finden, genauer gesagt auf den Eiweißen HLA-DQ2 oder HLA-DQ8. Da dieses Genmerkmal vererbt wird, besteht eine familiäre Veranlagung für Zöliakie.
Autoimmunkrankheiten als Auslöser einer Glutenintoleranz
Auch andere Autoimmunerkrankungen wie Diabetes mellitus Typ I, autoimmun-bedingte Schilddrüsenerkrankungen oder Leberentzündungen (autoimmune Hepatitis) werden mit dem Vorhandensein des Oberflächenproteins in Verbindung gebracht und dadurch mit einem erhöhten Risiko für die Ausbildung einer Glutenunverträglichkeit.