Experteninterview mit Dr. med. Sarah Plack: Ernährung & Linderung von Beschwerden in der Schwangerschaft
Viele Frauen haben während der Schwangerschaft mit Müdigkeit, Erschöpfung und Kreislaufbeschwerden zu kämpfen, bei manchen Frauen können auch Unterleibsschmerzen dazukommen. Doch liegt das nur an all den Vorbereitungen auf das Baby oder können auch organische Ursachen dahinterstecken? Dazu haben wir Dr. Sarah Plack befragt, die nach ihrem Medizinstudium im MedTech/ Pharmabereich tätig war und durch ihren Babybauch Blog deutschlandweit bekannt geworden ist. Dabei sprechen wir vor allem über alternative Methoden zur Linderung von Schwangerschaftsbeschwerden, sowie die Bedeutung von Ernährung und Bewegung für Mutter und Kind.
Dr. Sarah Plack: In der Schwangerschaft sind Müdigkeit und Erschöpfung häufig auf die hormonellen Umstellungen zurückzuführen. In manchen Fällen kann aber auch ein Vitamin- oder Eisenmangel die Ursache für übermäßige Erschöpfung sein. Hier empfiehlt sich die Einnahme eines guten Vitaminpräparats für Schwangere. Daneben sollten Frauen auch die Eisenversorgung im Blick behalten. Im Falle einer Anämie in der Schwangerschaft können die Symptome durch Gabe von geeigneten Eisenpräparaten verbessert werden.
Dr. Sarah Plack: Das wichtigste bei Kreislaufproblemen in der Schwangerschaft: Trinken Sie viel! Am besten geeignet ist stilles Wasser – aber auch ungesüßte Tees eignen sich gut. Sind die Kreislaufprobleme stärker, so können Kompressionsstrümpfe helfen, die Symptome zu lindern. Gleichzeitig reduzieren diese Strümpfe das in der Schwangerschaft erhöhte Thromboserisiko. Es gibt einfache Kniestrümpfe mit Kompressionsklasse 1-2 bereits sehr günstig online zu kaufen – wenn diese nicht ausreichen, sollte der Arzt bzw. die Ärztin im Sanitätshaus persönlich angepasste Kompressionsstrümpfe verschreiben. Und auch bei Kreislaufproblemen sollte an eine mögliche Anämie aufgrund von Eisenmangel gedacht und ggf. gegengesteuert werden!
Dr. Sarah Plack: Die “gute alte Wärmflasche” kann bei starken Unterleibsbeschwerden durchaus eingesetzt werden – allerdings gibt es hier auch Kritiker, die eine Erwärmung des Fruchtwassers fürchten. In Maßen (nicht zu lange und nicht zu heiß) halte ich die Wärmflasche aber für eine gute Option, ebenso wie ein warmes (nicht heißes!) Bad!
Dr. Sarah Plack: Akupunktur kann bei verschiedenen Schwangerschaftsbeschwerden (z.B. Schwangerschaftsübelkeit) helfen – und zur geburtsvorbereitenden Akupunktur gibt es tatsächlich gute Studiendaten! Obwohl ich Alternativmedizin oft eher skeptisch gegenüber stehe, sehe ich Akupunktur in der Schwangerschaft als etwas sehr Wertvolles an und habe selbst in der Schwangerschaft geburtsvorbereitende Akupunktur durchführen lassen.
Und Yoga ist eine exzellente Sportart für schwangere Frauen! Die sanften Übungen können der werdenden Mutter helfen, fit zu bleiben und auch mentalen Stress zu reduzieren. Ideal sind Kurse oder Videos explizit für Schwangere – denn nicht alle Yogaübungen lassen sich mit dem wachsenden Bauch gut ausführen.
Dr. Sarah Plack: Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass moderate sportliche Aktivität in der Schwangerschaft eine Vielzahl an Beschwerden lindern kann und sich auch positiv auf den späteren Geburtsverlauf auswirkt. Dazu kommt, dass sportliche aktive Schwangere weniger stark zunehmen – dies hat wiederum einen positiven Einfluss auf die Stoffwechselsituation des Babys.
Es muss natürlich nicht immer Yoga sein – sehr gut geeignet sind auch andere sanfte Sportarten wie Schwimmen, Walking bzw. Flottes Spazierengehen und Radfahren (mit Einschränkungen). Selbst moderates Krafttraining ist in der Schwangerschaft erlaubt! Generell sollte in einem moderaten Pulsbereich trainiert werden (ca. 130-140 Schläge/Minute). Ausdrücklich abraten möchte ich von Sportarten mit einem höheren Verletzungsrisiko wie Klettern, Kampfsport und Ballsportarten.
Dr. Sarah Plack: Es gibt eine wachsende Anzahl von Apps und Podcasts, die Entspannungsübungen und Meditationen anbieten, teilweise auch explizit für Schwangere. Einige dieser Angebote sind sogar kostenlos und/oder werden von den Krankenkassen finanziert (z.B. Mamly App) – das kann eine tolle Unterstützung für die werdende Mama sein. Ganz wichtig ist in meinen Augen aber auch der Besuch eines Geburtsvorbereitungskurses (sowohl für Erst- als auch für Mehrgebärende) sowie der persönliche Kontakt zu einer Hebamme, die auch bereits Teile der Schwangerschaftsvorsorge übernehmen kann.
Dr. Sarah Plack: In der Schwangerschaft steigt der Bedarf an zahlreichen Vitaminen und Spurenelementen. Besonders wichtig ist dabei eine ausreichende Aufnahme von Jod, Folsäure und DHA , um die Entwicklung des kindlichen Gehirns optimal zu unterstützen. Diese Mikronährstoffe sollten werdende Mütter daher idealerweise in Form eines guten Kombipräparats für Schwangere einnehmen. Oft wird aufgrund der erhöhten Blutmenge für Mutter und Kind auch Eisen benötigt, um den Hämoglobinwert konstant zu halten – hier sollte aber nur bei Nachweis eines Mangels eine Substitution mit Eisenpräparaten erfolgen.
Dr. Sarah Plack: Eine gesunde und ausgewogene Ernährung trägt dazu bei, eine unkomplizierte Schwangerschaft zu erleben. Mit einer ausreichenden Flüssigkeitsaufnahme sowie leicht verdaulichen Speisen (viel Obst und Gemüse) können werdende Mütter Kreislaufproblemen und Müdigkeit entgegenwirken. Manche Frauen berichten auch, dass ihnen spezielle Schwangerschaftstees gegen ihre Beschwerden helfen – wissenschaftlich belastbare Daten dazu gibt es allerdings nicht.
Dr. Sarah Plack: Im Grunde sind sich internationale Experten nur darüber einig, dass Alkohol in der Schwangerschaft absolut nichts verloren hat. Generell wird allerdings auch bei rohen Produkten zu Vorsicht geraten: Insbesondere rohes Fleisch, roher Fisch, (halb-)rohe Eier und unpasteurisierte Rohmilch-Produkte können Keimbelastungen aufweisen und potentiell gefährliche Erkrankungen in der Schwangerschaft auslösen. Allerdings gibt es für keines dieser Produkte einen Expertenkonsens – in Japan etwa ist der Konsum von rohem Fisch in der Schwangerschaft normal und in Kanada wird von Rohmilchprodukten nicht abgeraten.
Dr. Sarah Plack: Ich selbst hatte in meiner Schwangerschaft tatsächlich mit sehr wenig Beschwerden zu kämpfen und kenne durchaus mehrere Frauen, denen es ähnlich ging. Dabei scheint sowohl das „Mindset” als auch eine ausreichende Menge an Bewegung eine große Rolle zu spielen. Für das Auftreten von Schwangerschaftsübelkeit beispielsweise haben Studien gezeigt, dass ein Zusammenhang zwischen der Schwere der Übelkeit mit der psychischen Situation in der Frühschwangerschaft besteht. Sport wiederum hilft nicht nur körperlich fit zu bleiben in der Schwangerschaft – auch psychisch ist ein moderates sportliches Aktivitätslevel in der Schwangerschaft sehr wohltuend.
Dr. Sarah Plack: Oft hilft es, kleine Mahlzeiten zu sich zu nehmen. Gerade morgens kann es sinnvoll sein, direkt im Bett noch vor dem Aufstehen einen kleinen Snack (Müsliriegel, Kekse, etc.) zu essen – denn der niedrige Blutzuckerspiegel am Morgen kann die Übelkeit noch steigern. Auch Ingwer und Zitrone sind bewährte Hilfsmittel gegen die Schwangerschaftsübelkeit. Mein persönlicher Tipp: gesunde Ingwerkekse mit Haferflocken backen und davon morgens direkt ein, zwei Stück essen, noch bevor man aufsteht!
Dr. Sarah Plack: Eine vegane Ernährung in der Schwangerschaft wird aufgrund der fehlenden Daten nicht empfohlen – dagegen kann eine vegetarische Ernährung in der Regel problemlos auch in der Schwangerschaft fortgeführt werden. Es ist aber wichtig zu betonen, dass es KEINE Hinweise gibt, dass eine vegane Ernährung in der Schwangerschaft schadet – hier ist jedoch eine enge Zusammenarbeit mit dem/der betreuende:n Gynäkolog:in wichtig. Dabei sollte besonderes Augenmerk auf Eisen sowie Vitamin B12 gelegt werden – meist ist eine Substitution über Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll!