Experteninterview mit Ingeborg Stadelmann: Schwangerschaftsbeschwerden sanft & natürlich lindern

Die Schwangerschaft ist eine Zeit der Vorfreude und Vorbereitung – aber auch eine Zeit großer körperlicher Veränderungen für die werdende Mutter. Da tut es gut zu wissen, dass sich viele der typischen Schwangerschaftsbeschwerden sanft und natürlich behandeln lassen: mit homöopathischen Mitteln, ätherischen Ölen und Kräutertees. Welche Mittel für Schwangere empfehlenswert sind und was es dabei zu beachten gilt, erläutert Ingeborg Stadelmann, eine erfahrene Hebamme, Phytotherapeutin und erfolgreiche Autorin, in einem exklusiven Interview.

Ingeborg Stadelmann: Zunächst einmal eine wichtige Anmerkung vorweg: Ich rate grundsätzlich dazu, homöopathische Mittel nur nach Rücksprache mit Experten wie Apotheker, Heilpraktiker oder Arzt einzunehmen.  Selbstbehandlung ist nicht einfach, das wäre nur in Ausnahmefällen denkbar, also bei Frauen, die sich damit auskennen und sich über Jahre mit der Homöopathie beschäftigt haben. Viele Schwangere lassen sich von ihrer Hebamme beraten, was die Verwendung homöopathischer Mittel angeht – das ist eine sehr schöne Entwicklung, das habe ich während meiner aktiven Zeit als Hebamme auch so gehalten. Wenn das nicht möglich ist, sollten Schwangere, die sich eine Behandlung mit homöopathischen Mitteln wünschen, ihre/n Arzt bzw. Ärztin oder Apotheker/in konsultieren.

Ein bei Schwangeschaftsübelkeit bewährtes Mittel ist die Brechwurzel bzw. Brechwurz (Carapichea ipecacuanha).

Weitere bekannte Mittel sind Arsenicum album, Cocculus, Acidum lacticum, Nux Vomica, Sepia und Tabacum. Auch hier möchte ich noch einmal auf die einschlägige Literatur verweisen und eine individuelle Fachberatung empfehlen, allein um die richtige Potenz zu wählen.

Zur Selbstbehandlung wird oft Tabacum verwendet: Dieses homöopathische Mittel passt besonders zu Frauen, die blass und kreislaufschwach sind, zum Teil auch mit Schwindel und schwankenden Zuständen. Ein besonderes Symptom ist die Lust, den Bauch zu entblößen.

Dazu möchte ich jedoch ergänzen: Die Übelkeit im ersten Trimester ist physiologisch. Sie ist eine Folge der hormonellen Umstellung infolge der Schwangerschaft, aber keine behandlungsbedürftige Krankheit. Für das Wohlbefinden der Schwangeren ist es natürlich wünschenswert, die Übelkeit durch eine geeignete Behandlung zu lindern – restlos beseitigen lassen sich die Beschwerden jedoch in der Regel nicht.

Gut zu wissen: Bei Schwangerschaftsübelkeit ist die Zunge sauber, möglicherweise gerötet, aber nicht belegt. Eine belegte Zunge dagegen spricht eher für Übelkeit infolge einer Magen-Darm-Erkrankung.

Ingeborg Stadelmann: Für Magen und Darm hat sich seit jeher eine Teemischung mit Fenchel, Kümmel und Anis bewährt. Wer mag, kann die Samen einzeln in der Apotheke erwerben und selbst mischen – alternativ gibt es in der Apotheke fertige Mischungen in Bio-Qualität, wie beispielsweise einen Anis-Kümmel-Fencheltee.

Dosieren Sie 1-2 Teelöffel auf eine große Tasse und lassen Sie den Tee 10 Minuten ziehen. Idealerweise wird der Heilkräuteraufguss in kleinen Schlucken geschlürft, so dass die Inhaltsstoffe über die Mundschleimhaut aufgenommen werden können. Wer mag, kann den Geschmack mit deutscher Kamille abrunden.

Ingeborg Stadelmann: Ätherische Öle sollten grundsätzlich immer mit Vorsicht und vor allem nie pur verwendet werden. Zudem lohnt es, sich auf das eigene Bauch- bzw. Nasengefühl zu verlassen: Wenn der Geruch beim ersten Schnuppern unangenehm empfunden wird, besser weglassen: Unser Geruchssinn ist eng mit dem Unterbewusstsein verbunden und weiß oft mehr als unser Verstand!

  • Gut geeignet für Schwangere sind alle Duftnoten, die blumig-weich riechen und zur Entspannung beitragen – beispielsweise Mischungen mit Orange und Rose oder Lavendel und Iris.
  • Grundsätzlich verzichten sollten werdende Mütter dagegen auf stark erwärmende Öle wie Nelke und Zimt sowie anregende Öle.

Doch auch hier gilt die alte Weisheit des Paracelsus:  Alle Ding‘ sind Gift und nichts ohn‘ Gift; allein die Dosis macht, das ein Ding‘ kein Gift ist. Für die Praxis der Aromatherapie heißt das: Oft sind Mischungen verträglich, auch wenn das einzelne Öl kontraindiziert ist.

Besondere Vorsicht ist bei Rosmarin gefragt: Wenn der richtige Chemotyp verarbeitet wird, ist auch das in Ordnung. Insofern empfehle ich, ätherische Öle von fachkundigen Stellen zu kaufen und sich individuell beraten zu lassen. Als Leseempfehlung möchte ich hier auch auf mein Buch verweisen, das nun bereits in der 5. Auflage vorliegt: „Aromamischungen für Mutter und Kind”.

Ingeborg Stadelmann: Fast ebenso häufig wie die Schwangerschaftsübelkeit sind Hämorrhoiden, die sich gut mit Hamamelis behandeln lassen. Auch Harnwegsbeschwerden kommen häufig vor,  gerade in der kalten Jahreszeit. Frauen mit einer Neigung zu Harnwegsbeschwerden können generell Berberis D6 oder C6 einnehmen, als Kur alle 4 Stunden.

Bei Ischiasbeschwerden können Frauen aus der Hausapotheke hochpotenziertes Arnika C 30 einnehmen. Wenn die Frau nicht liegen kann, es überall zwickt und drückt und keine Zuordnung zwischen Rückenschmerzen oder Ischias möglich ist, empfehle ich Rhus toxicodendron Globuli , D6 oder D12, zweimal am Tag.

Bei vorzeitigen Wehen rate ich stets zu einer individuellen Fachberatung, weil hier die Behandlung mit klassischer Homöopathie  sehr erfolgreich sein kann.

Ingeborg Stadelmann:

  • nicht ohne Vorwissen einnehmen – wie eingangs schon gesagt, rate ich stets zu einer fachkundigen Beratung oder zum Heranziehen geeigneter Literatur wie bspw. mein Buch “Hebammen Sprechstunde”.
  • stets vergewissern, ob das gewählte Mittel das richtige ist – die Wahl des korrekten Simile ist Voraussetzung für den Erfolg der Homöopathie, weil es für eine Beschwerde mehrere Mittel geben kann
  • entsprechende Potenz wählen
  • Globuli oder Tropfen auf der Zunge zergehen lassen

Weitere Informationen zur Autorin erhalten Sie hier:

1 https://www.hebamme-stadelmann.de/
2 https://de.wikipedia.org/wiki/Ingeborg_Stadelmann

Experteninterview mit Ingeborg Stadelmann: Schwangerschaftsbeschwerden sanft & natürlich lindern

Ingeborg Stadelmann

Ingeborg Stadelmann wurde die Vorliebe zur Kräuterheilkunde bereits von ihrer Mutter in die Wiege gelegt. Sie ist heute eine erfolgreiche Hebamme, Fachbuchautorin, Aromaexpertin, Verlegerin, Präsidentin von FORUM ESSENZIA e.V. und Referentin und hat an der Ruhr Universität in Bochum die Fortbildung Phytotherapie in der Medizin besucht. Die Fachfrau bietet Ausbildungskurse in Aromatherapie, Phytotherapie und Homöopathie an. Mehr zu Ingeborg Stadelmann