Stress in der Schwangerschaft: Was ist pränataler Stress?

Freude, Trauer, Aufregung, Angst – Was eine werdende Mutter während der Schwangerschaft erlebt, geht an ihrem ungeborenen Kind nicht spurlos vorbei. Denn bereits im Mutterleib stellt sich der Fötus auf seine Umwelt ein. Er kann schmecken, sehen, fühlen und hören, noch bevor er auf der Welt ist.

Gesteuert wird dies überwiegend durch die Erfahrungen, welche die werdende Mutter macht. Glückliche Schwangere gebären glückliche Kinder, heißt es im Volksmund. Und ganz aus der Luft gegriffen scheint dies nach neuesten Erkenntnissen nicht zu sein.

Jedoch bekommen die Kinder im Mutterleib nicht nur positive Einflüsse aus der Umgebung mit. Ist die werdende Mutter gestresst, hat dies direkten Einfluss auf den Fötus. Welche Folgen pränataler Stress hat, wodurch er genau entsteht und wie Sie sich in der Schwangerschaft vor Stress schützen können erfahren Sie in diesem Ratgeber.

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Was ist Stress?

Der Begriff „Stress“ stammt vom lateinischen Begriff „stringere“ ab und bedeutet aus dem Englischen übersetzt Druck oder Anspannung. Als stressig werden meist Situationen bezeichnet, die für den Betroffenen problematisch sind und als schwierig zu bewältigen empfunden werden. Während der Stressphasen schüttet der Körper vermehrt Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol aus.

Diese Stresshormone sorgen dafür, dass sich die Herzfrequenz erhöht, der Blutdruck steigt, die Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit nehmen zu. Gleichzeitig werden viele Prozesse im Körper heruntergefahren, um sämtliche Energie für die Bewältigung der Situation aufzuwenden. Kurzfristiger Stress ist für den Menschen – auch für Schwangere – kein Problem. Hält der Stress an, können gesundheitliche Beschwerden bis hin zu ernsten Erkrankungen die Folge sein.

Worin unterscheidet sich pränataler Stress von “gewöhnlichem” Stress?

Pränataler Stress unterscheidet sich vom gewöhnlichen Stress durch den Auslöser. Die werdende Mutter macht sich möglicherweise Sorgen über die Geburt, mögliche Komplikationen oder das Leben mit Kind. Zudem ist bei pränatalem Stress auch das ungeborene Kind betroffen. Denn Stress hat, nach wissenschaftlicher Erkenntnis, einen erheblichen Einfluss auf den Fötus und kann zu irreparablen Schäden führen.

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Welche Symptome deuten auf Stress in der Schwangerschaft hin?

Die Auswirkungen von Stress sind individuell verschieden. Verschiedene physische und psychische Symptome können darauf hindeuten, dass Sie unter Stress stehen. Zu den körperlichen Symptomen für pränatalen Stress zählen

  • Verdauungsbeschwerden – Verstopfung, aber auch Durchfall,
  • saures Aufstoßen,
  • starke Muskelverspannungen,
  • Kopfschmerzen bis hin zu Migräne,
  • Herzrasen,
  • Schlafstörungen,
  • Konzentrationsschwierigkeiten,
  • sexuelle Unlust sowie
  • Schwindel.

Psychische Symptome bei pränatalem Stress können unter anderem

  • eine negative Haltung bis hin zu Depressionen,
  • Burn-Out,
  • Gereiztheit, Aggressionen und
  • allgemeine Lust- und Antriebslosigkeit sein.

Die Ursachen für pränatalen Stress: Welche Faktoren können in der Schwangerschaft Stress auslösen?

Die Ursachen für Stress in der Schwangerschaft sind sehr unterschiedlich. Eine problematisch verlaufende Schwangerschaft oder Ängste und Sorgen um das ungeborene Kind können die Zeit erheblich belasten. Aber auch Faktoren, die nicht unmittelbar mit der Schwangerschaft in Zusammenhang stehen können für Stress sorgen, beispielsweise private Probleme oder Druck im beruflichen Umfeld.

Psychische Stressoren als Auslöser für pränatalen Stress können sowohl objektiver, als auch subjektiver Art sein. Zu den objektiven Stress-Auslösern zählen

  • Trauerfälle,
  • Existenzängste,
  • Schwierigkeiten in der Schwangerschaft oder
  • Beziehungsprobleme.

Als objektiv werden diese Auslöser angesehen, da in der Regel jeder Betroffene in diesen Fällen mit Stress-Symptomen reagieren würde. Subjektive Auslöser hingegen sind bei jedem anders definiert, beispielsweise große Angst vor der Geburt oder einem möglichen Schaden des Kindes.

Kinderzimmer streichen, Kinderwagen bestellen, Namen aussuchen, Kindergärten anschauen – werdende Mütter wollen häufig, dass alles perfekt ist. Manchmal setzen sie sich dabei aber zu sehr unter Druck, sodass vermeidbarer Stress die Folge ist. Lassen Sie die Dinge auf sich zukommen. Ihr Baby braucht am Anfang seines Lebens nur eines: eine entspannte Mutter. Alles andere wird die Zeit bringen.

In Zusammenhang mit der Arbeitswelt kommen unterschiedliche Faktoren als Auslöser für Stress bei der werdenden Mutter in Frage. Zum einen mag die Frage wie Beruf und Kind miteinander zu verbinden sind für Stress sorgen, zum anderen ist die berufliche Belastung heutzutage auch ohne Schwangerschaft enorm. Fallen regelmäßige Pausen und Ruhephasen weg, kann dies zu pränatalem Stress für den Fötus führen.

Wie kann Stress in der Schwangerschaft bewältigt werden?

Stress in der Schwangerschaft komplett zu vermeiden – das wird Ihnen nicht gelingen und der Versuch setzt Sie vermutlich noch mehr unter Druck. Doch Sie können lernen, Stress besser zu bewältigen. Im Folgenden möchten wir Ihnen ein paar Tipps geben, wie Sie mit Stress im Alltag umgehen können, wo Sie Hilfe finden und wie Sie einige Stressfaktoren vermeiden können.

Mit Entspannungsübungen dem Stress im Alltag begegnen

Atmung Entspannungsübungen in der SchwangerschaftSich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen – das ist auch ohne Schwangerschaft nicht leicht. Doch gerade während das ungeborene Baby im Bauch der Mutter wachsen soll, sind Ruhe und Entspannung besonders wichtig. Übungen, die gezielt die Entspannung fördern, sind daher großartige Hilfsmittel, wenn es mal hektisch wird.

Atemübungen sorgen für Stressabbau und innere Ruhe. Sie tanken in kürzester Zeit neue Energie und können diese kleinen Auszeiten jederzeit und überall einlegen. Setzen oder legen Sie sich dazu bequem hin, schließen Sie vielleicht sogar die Augen und atmen Sie gleichmäßig durch die Nase ein und den geöffneten Mund aus. Gehen Sie mit den Gedanken dabei auf Wanderschaft und träumen Sie sich an einen Ort, der Ihnen besonders gut gefällt.

Progressive Muskelrelaxation (PMR) ist ebenso eine nützliche Technik, um Stress in der Schwangerschaft abzubauen. Dabei begeben Sie sich auf eine Reise durch Ihren Körper und spannen nacheinander die Muskeln an, um diese anschließend aktiv zu entspannen. Diese Technik beruht auf der Idee, dass eine gezielte An- und Entspannung langfristig zu einer tiefen Entspannung des ganzen Körpers führen soll. In einer Pilotstudie konnte nachgewiesen werden, dass eine Stress-Intervention mit Hilfe von PMR bei den Probanden zu einer Abnahme des Cortisolwerts im Speichel führte.1

 

Suchen Sie sich bei Stress Hilfe

Sollten Sie das Gefühl haben, während der Schwangerschaft viel Stress zu erleben, zögern Sie nicht, sich Hilfe zu suchen. Erster Ansprechpartner könnte beispielsweise Ihr behandelnder Arzt sein, der mit Ihnen die Ursachen für Ihr Stressgefühl ermittelt und gegebenenfalls zu weiterführenden Therapien rät. Auch bei Ihrer Krankenkasse können Sie Rat suchen. Viele der gesetzlichen Krankenversicherer unterstützen heute diverse Anti-Stress-Programme, die Sie auch als Schwangere belegen können.

Lernen Sie, Stress in der Schwangerschaft zu vermeiden

Mutter zu werden – das ist ein aufregendes Gefühl. Aufregung ist zunächst einmal etwas Positives. Doch viele werdende Eltern setzen sich zu sehr unter Druck, kommen nicht zur Ruhe oder haben verschiedene Ängste, die aus der Aufregung Stress werden lassen. Mit diesen Tipps beugen Sie Stress vor:

Keiner erwartet, dass Sie während der Schwangerschaft ständig gut drauf sind. Sprechen Sie über Ihre Ängste und Sorgen. Im Gespräch mit Menschen, die Sie lieben, werden Sie schnell feststellen, dass Sie nicht allein sind.

Sie müssen nicht jede Einladung annehmen, jede Extra-Aufgabe übernehmen oder allen anderen zu Hilfe springen. Lernen Sie „Nein“ zu sagen, bevor Sie überlastet sind.

Ob es der Haushalt ist, der nicht mehr zu schaffen ist, weil der Bauch im Weg ist oder der Papierkram, der längst abgearbeitet werden müsste – bitten Sie Ihren Partner, Verwandte, Freunde und Bekannte Sie zu unterstützen. Eventuell können Sie auch Fachleute engagieren – eine Haushaltshilfe, einen Steuerberater oder jemanden, der Ihnen zur Hand geht.

Mitten am Tag überfällt Sie ein Müdigkeitsanfall, Sie sind schon nach ein paar Stufen vollkommen aus der Puste und die „To-Do-Liste“ für das Wochenende wächst? Schalten Sie einen Gang runter und sorgen Sie für ausreichend Momente, in denen Sie – im wahrsten Sinne – Luft holen können.

Schlafen ist die beste Medizin und in der Schwangerschaft ein gutes Mittel, um sich zu erholen. Gehen Sie rechtzeitig zu Bett und legen Sie gerne auch am Nachmittag mal ein kleines Nickerchen ein. Wenn das Baby da ist, kommt dieses Thema erst einmal zu kurz!

Eine Schwangerschaft ist anstrengend für den Körper. Sie sollten daher in dieser Zeit ganz besonders auf sich achten. Eine wohltuende Fußmassage, eine farbenfrohe Maniküre oder ein kleiner Shopping-Bummel. Alles was glücklich macht setzt Hormone frei, die Ihnen und Ihrem Baby guttun.

 

Welche Auswirkungen kann Stress in der Schwangerschaft haben?

Stress in der Schwangerschaft kann sowohl für die werdende Mutter als auch für das ungeborene Kind zu einem Problem werden. Diese Erkenntnis stammt bereits aus den 70er Jahren, in denen nachgewiesen werden konnte, dass es bei Schwangeren, die im Familien- und/oder Berufsleben unter Stress standen vermehrt zu Frühgeburten kam.2 Weitere mögliche Auswirkungen von Stress in der Schwangerschaft für Mutter und Kind erklären wir Ihnen im Folgenden.

Wie wirkt sich Stress in der Schwangerschaft auf die Mutter aus?

Eine Schwangerschaft ist für die werdende Mutter eine außergewöhnliche Situation. Neben der Freude auf das Baby, kommen viele Ängste und Sorgen über das Ungewisse hinzu. Äußere Stressoren oder belastende Situationen können negative Auswirkungen auf die Mutter haben:

Stress kann das Immunsystem beeinträchtigen, denn Cortisol verfügt über eine immunsuppressive Wirkung. Dies bedeutet das die Aktivität des Immunsystems heruntergefahren wird.

Während einer Stressphase drosselt der Organismus die Verdauung. Wichtige Nährstoffe werden aus der Nahrung nur noch unzureichend gelöst und verstoffwechselt. Diese sind für die werdende Mutter und den Fötus jedoch von hoher Wichtigkeit.

Zu viel Stress in der Schwangerschaft kann die körperliche Wahrnehmung der werdenden Mutter beeinträchtigen und dazu führen, dass gesundheitliche Probleme übersehen werden. Diese können wiederum zu Folgeschäden beim Fötus führen.

Eine Studie der Abteilung für Psychologie an der University of London konnte belegen, dass Stress die Gefahr einer Frühgeburt erhöht. Im Rahmen der Studie wurden Untersuchungen über Fehlgeburten bei Frauen mit und ohne psychologische Stressbelastung durchgeführt und dabei festgestellt, dass psychologische Faktoren das Fehlgeburtenrisiko um bis zu 42 Prozent steigern können.3

Welche Folgen kann Stress in der Schwangerschaft für Ihr Kind haben?

Kurzzeitiger und positiver Stress bleiben in der Regel ohne negative Folgen für das ungeborene Kind. Hält der Stress jedoch an, kann sich das auch auf den Fötus auswirken. Die Folgen für das Kind sind vielfältig und noch längst nicht hinreichend erforscht.

Auch nach der Geburt können bei betroffenen Kindern Beeinträchtigungen festgestellt werden. Im Rahmen einer Studie wurden Kindern altersgerechte kleine Aufgaben gestellt, wie beispielsweise ein Puzzle oder kleine Denkaufgaben. Hierbei konnte gezeigt werden, dass bei Kindern von Müttern, bei denen ein erhöhter Cortisolspiegel in der Schwangerschaft festgestellt wurde, deutliche Unterschiede bezüglich der Konzentrationsfähigkeit, der Sprachentwicklung und der Fähigkeit zur Problemlösung bestanden.5

Ist leichter Stress in der Schwangerschaft ungefährlich?

Diese Frage zu beantworten ist nicht einfach. Zunächst muss angemerkt werden, dass Stress verschiedene Auslöser haben kann und auch unterschiedlich wahrgenommen wird. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen drei Arten von Stress:

Als Eustress gilt eine kurzfristige Anspannung in einer Situation, die als bewältigbar oder gar positiv wahrgenommen wird. Um eine neutrale Stress-Reaktion handelt es sich, wenn der Betroffene die Situation logisch nachvollziehen kann und weiß, was zu tun ist. Dieser Stress ist über einen kurzen Zeitraum ungefährlich für Mutter und Kind.

Distress ist negativer Stress, weil der Betroffene entweder ständig an seine Grenzen gebracht wird oder vor Aufgaben steht, die er als nicht zu bewältigen ansieht. Bei kurzfristigem Auftreten von negativem Stress sind ebenfalls keine Schäden beim Fötus zu befürchten. Ist die werdende Mutter jedoch ständig gestresst und hat wenig Erholungsphasen, kann dies gesundheitliche Folgen für das Baby haben.

  1. Pawlow, Laura A., and Gary E. Jones. „The impact of abbreviated progressive muscle relaxation on salivary cortisol.“ Biological Psychology 60.1 (2002)
  2. Deutsche Forschungsgemeinschaft (1977). Schwangerschaftsverlauf und Kindesentwicklung. Bisherige Ergebnisse eines seit 1964 geförderten Schwerpunktprogramms Bonn- Bad Godesberg, Harald Boldt Vlg.
  3. Fan Q et al. The association between psychological stress and miscarriage: A Systematic review and meta-analysis. Scientific Reports 7, 1731 (2017), doi: 10.1038/s41598-017-01792-3
  4. Wadhwa, P.D., Porto, M., Garite, T. J., Chicz-DeMet, A., Sandman, C.A. (1998). Maternal corticotropinreleasing hormone levels in the early third trimester predict lenghth of gestation in human pregnancy. Am. J. Obstet. Gynecol. 179, 1079-1085.
  5. Glover, V.: Prenatal stress and its effects on the fetus and the child: possible underlying biological mechanisms. Adv Neurobiol. 2015;10:269-83. doi: 10.1007/978-1-4939-1372-5_13.
Stress in der Schwangerschaft: Was ist pränataler Stress?

Susann von der Mühll

Susann von der Mühll hat ihre Ausbildung am Institut für angewandte Kinesiologie und Naturheilkunde im Jahr 2018 abgeschlossen und ist seither als Pferdeosteopathin im Dreiländereck tätig. Motiviert durch ihr Interesse an naturheilkundlichen Themen unterstützt sie seit 2020 das Redaktionsteam der bio-apo.